Samstag, 9. November 2019

09.11.2019
Deutsche Sprache: Befassung mit Begriff "Open Government"

Hallo zusammen,

anlässlich der gestrigen (kurzen) Diskussion zu Anglizismen wie "Open Government" bei Forum Offene Stadt und ob der Begriff für die Akteure in der öffentlichen Verwaltung übersetzt oder adaptiert gehört, halte ich es sinnvoll, die entsprechenden Gremien wie das Institut für deutsche Sprache (bei mir in Mannheim), den Rat für deutsche Sprache und den Rat für deutsche Rechtschreibung anzurufen, um sich mit dem Umgang mit dem Begriff "Open Government" zu befassen.
Ich werde bei der Forderung, für Open Government (insbesondere bei der Kommunalverwaltung) besser einen deutschen Begriff zu verwenden immer latent emotional (täglich grüßt das Murmeltier).
Aus vielerlei Gründen in zwei Dimensionen, weil:

1) die Akteure einen großteil des globalen Wissenschatzes und Kontext ausblenden, wenn diese eine Suchmaschine mit dem String "offene Verwaltung" bemühen und nicht mit "OPen Government" (so wie die Franzosen mit "données ouvertes" für open data, tsts..)
2) die Abgrenzung zwischen Alltagssprache und Behördensprache nun schon hinlänglich zu Hemmnissen zwischen Zivilgesellschaft und öffentlche Verwaltung geführt hat
3) nicht einzusehen ist, dass Behörden eine Extrawurst brauchen, um intellektuell folgen zu können
4) ich vereinzelt einen autoritären Reflex bei der Bedingung unterstelle, sprachlich der Verwaltung entgegen zu kommen, um überhaupt die Chance einer thematischen Akzeptanz zu haben
5) man sich wundern muss, wenn Akademiker der öffentlichen Verwaltung sich internationalen Begriffen verweigern bzw. ohnehin in internationaler Sprache schwach auf der Brust sind - während die restlichen Leistungsträger und Wissensproduzenten der Gesellschaft sich auf Englisch miteinender befassen, um überleben zu können.
6) es auch eine Sache der europäischen Kohäsion in Verwaltungsfragen ist (es gibt genügend Work Programmes der EU für die öffentliche Verwaltung die NICHT auf deutsch übersetzt werden)

Interessant ist hierbei, dass ich beim (auch noch privatwirtschaftlichen Marketingbegriff von Cisco/IBM) "Smart City" eine solche Forderung aus der öffentlichen Verwaltung noch nie gehört habe, was mich vermuten lässt: Wo's Geld und Tech gibt spielt man mit, da wo man selbst in die Bütt muss taktiert man mit fingierten Sprachbarrieren dagegen.

Zudem, und dies ist vielleicht am wichtigsten, ist Soziale Innovation immer eine Auseinandersetzung im Diskursiven Raum über Deutung und Deutungshoheit - der Artikulation - insbesonders beim "Befüllen" von Begriffen als leere Signifikanten mit Sinn Bedeutungsbeziehungen.
Ich habe das hier mal im Kontext von "Open Government - Back to the Future" erörtert:
https://www.oliverrack.eu/backtothefuture
Im Übergang von "Open Government" zu "offenes Verwaltungshandeln" verändert sich allein schon die Bedeutung durch die weiter gefasste Bedeutung von Government als politisch-hierarchische Führung öffentlicher Institutionen und der Aparat an sich (m.E. Open als zu erreichender Zustand) und wird ja auch sperrig als "offenes Regierungs- u. Verwaltungshandeln" (als Handlungsprinzip oder sogar Haltung) oder wie in der Arbeitsdefinition von Modellkommune Open Government des BMI als "Öffnung von (Lokal)politik und (Kommunal)verwaltung" (also als geschehender [aktiv/passiv unklar] Prozess) in deutsch ausgedrückt bzw. gedeutet.
Das zeigt 1) das "Open Government" ein (einstiger) leerer Signifikant ist, der zum einen noch in der diskursiven Befüllung ist und 2) die möglichen Effekte der zu frühen Verengung oder Veränderung von Bedeutung durch eine Übersetzung.
Faktisch stellt ein übersetzter Begriff wieder eine neue leere Signifikante dar, die dann ohne Bedeutungsbeziehung in eine internationale Diskursorganisation eine stark veränderte Bedeutungskonstruktion erhalten kann.
(Deswegen bin ich auch sehr empfindlich, wenn wie letztes Jahr mit der Schwächung des OGP-Value 4 "Technologie und Innovation für Partizipation und Co-Creation" bei den NAP-Prüfsteinen per Federstrich, die OGP an der Bedeutungskonstruktion herumschraubt, um das Value Public Accountability in den NAPs zu stärken und das die Bundesregierung bei den deutschen Prüfsteinen einfach so übernimmt.)
https://www.opengovpartnership.org/wp-content/uploads/2017/05/OGPvaluesguidancenote_0.pdf

Es mag sich zwar momentan in Sachen Bewusstseinsbildung "Open Government" prosperierend anfühlen (OGP-Teilnahme u -Sitz, OG-Labore ein erfolgreiche Veranstaltung Forum offene Stadt etc), aber klar ist auch, dass es noch Bundesländer gibt, die bei dieser Bewusstseinsbildung auf dem Stand 2008 sind, genauso wie ungefähr 95% der Kommunen - zudem gibt es auch ausreichend Kritiker. Genug Raum also, an Open Gov nach belieben rum- und umzudeuteln und zu torpedieren. Auch von den Publikumsmedien, wichtige Faktoren bei der Bildung von Bedeutungsbeziehungen, brauchen wir bis auf Weiteres nich sonderlich zu hoffen.

Ich bin deswegen 1) sehr dafür, hier Vorsicht walten zu lassen und sich nicht auf Übersetzungsdiskussionen einzulassen und 2) dass wir als Netzwerk hierzu den Kontakt mit unseren Sprach-Gremien aufnehmen.

Am 22. November 2019 tagt wieder der Rat für deutsche Sprache (diesmal in Bern u nicht wie sonst in Mannheim).
Ich möchte trotz des derzeit erheblichen Aufkommen an Tasks versuchen, ein Schreiben aufzusetzen, das ich - von den Mitgliedern der Strategiegruppe mitgezeichnet-  noch vor dem 22. an die drei Gremien per Email versenden möchte. Vielleicht trägt das dazu bei, dass man sich dort in den Pausen zumindest darüber austauscht und man sich entschließt, sich mit "Open Government" als neues relevantes Wort an der Nahtstelle zu Alltagssprache und Behördensprache zu befassen.

Any thoughts? Please!

Viele Grüße
Olli



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Oliver Rack

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Freitag, 8. November 2019

Mailing 08.11.2019
[ACT] Aufruf: Eingabe High Value Data - Chance für kommunales Open Data

Dies ist eine Mailingliste des Arbeitskreises Open Government Partnership Baden-Württemberg - betrieben von Oliver Rack, Mitglied im Strategierat des deutschen Open Government Netzwerks. Sie können unter dieser Adresse Informationen an andere Open-Government-Interessierte  in der Mailingliste verteilen und in Austausch treten.

C'est une liste de diffusion de l'Arbeitskreis Open Government Partnership Baden-Württemberg - géré par Oliver Rack, membre du conseil stratégique du Open Government Netzwerk Deutschland. À cette adresse, vous pouvez distribuer des informations à d'autres personnes intéressées par l'Open Government dans la liste de diffusion et échanger des informations.
Je demande aux destinataires français d'utiliser DeepL ou un autre bon moteur de traduction.
Traduit avec www.DeepL.com/Translator
 

Hallo Freunde des Open Governments,

derzeit befasst sich die EU Kommission mit der Entwicklung der Liste von High Value Data (HVD, Erläuterung unten) als Anhang zur Public Sector Information / Open Data Richtlinie. Diese Verpflichtung betrifft sowohl öffentliche Stellen als auch öffentliche Unternehmen. Die Kommission soll per delegiertem Rechtsakt eine Liste von hochwertigen Datensätzen erstellen, die grundsätzlich kostenlos, in maschinenlesbarem Format, per API und in Form eines offenen Standards zur Verfügung gestellt werden müssen. Im Geltungsbereich sind auch Kommunen!
Die Liste ist eine der wenigen Gelegenheiten in Deutschland, die Kommunen nicht nur dazu zu verpflichten, die Nachnutzung von Informationen/Daten zu ermöglichen sondern auch die Bereitstellung. Die PSI-Richtlinie regelt eigentlich nur die Dimension der Nachnutzung (im Informationsweiterverwendungsgesetz) - nicht aber die der Bereitstellung. Das erfüllt nur die halbe Voraussetzung für Open Data, was aus verschiedenen Gründen (Föderalismus, kommunale Selbstbestimmung, Konnexitätsprinzip) Open Data in Deutschland auf kommunaler Ebene erschwert - die kommunalen Spitzenverbände in Deutschland äußern sich der EU gegenüber immer wieder sehr reserviert zu PSI-Richtlinie und Open Data und pochen auf ihre Selbstbestimmung. In Frankreich beispielsweise ist das naturgegeben über alle Ebenen zentral verpflichtend geregelt.

Momentan werden Vorschläge zu HVD eingeholt - in Österreich gibt es bereits konkrete Einreichungen. In Deutschland ist mir zumindest der Stand und der Prozesses zur Ermittlung von HVD unklar - involviert sind BMWi u BMI. Nach Hörensagen erwartet die Kommission jedoch bereits Ende Februar erste Vorschläge durch die Mitgliedsstaaten. Die EU Kommission bzw. das von ihr beauftragte Institut will ab kommendem Jahr nähere Schlüsse zur Untermauerung des sozio-ökonomischen Nutzens (dieser) Datensätze ziehen bzw. selbst weitere potentielle Datensätze liefern.

Ich werde nächste Woche Donnerstag Vertreter der EU-Kommission treffen, die mit diesem Prozess befasst sind  und würde diese gerne für einen möglichst breiten Prozess mit möglichst vielfältigem Einbezug von Bedarfsträgern und zur Ermittlung entsprechender Daten-Bedarfe mit diesen Vorschlägen sensibilisieren.

Hierzu habe ich einen Fragekatalog aufgesetzt:
>>>> https://ec.europa.eu/eusurvey/runner/HVD_Demands_Survey

Die Rede ist bislang eher von wirtschaftlichem und wissenschaftlichem Nutzen - gesellschaftlicher (in der Richtlinie auch konkret benannt) und ökologischer Nutzen könnten nach meiner Vermutung aufgrund von Schwächen in Lobby und Digital-Kompetenz nicht ausreichend promoted sein. Ich werbe ja schon seit einiger Zeit für die Erstellung von Bedarfsdatenkatalogen zB in Bereichen wie Digitale Wohlfahrt, SDG-Monitoring, Well-being, Zuwendungs-Transparenz etc. - zB in Form von Workshop beim BMVI zu Accessibility-Daten, den ich mit der mFUND-Begleitforschung WIK initiiert habe oder der Workshop zu Musterdatenkatalog und Missing Data in Bezug auf SDG-Monitoring, den ich zusammen mit Bertelsmann Stiftung durchgeführt habe.

Man könnte damit dann auch die jeweiligen Interessensverbände damit versorgen und sie doch bitten, sich im Interesse ihrer Anspruchsgruppen politisch für die Daten als Open Data einzusetzen bzw. diese um Mithilfe bitten.

Ich habe auch optionale Themenfelder als Merkmale eingefügt:

  • Mobility
  • Digital Welfare
  • Monitoring Sustainability (UN-SDG)
  • Evidence Based Policy Making
  • Cross Border Cooperation & Development within EU (esply Border Regions, including associates)
  • Artificial Intelligence Trainings & Use (ADM)
  • Open Source Software Re-Use (esply funded by public money, eg CEF Building Blocks, European Data Portal Use Cases)
  • Well-being / Better Life Metrics / equivalent living conditions
  • Monitoring (extractive industries of) Natural Resources
  • Sustainable and generationally fair financing / equality budgeting
  • International cooperation for development (esply on municipal level)
  • Employment / Transformation of work
  • Demographic change
  • Climate change
  • Education / Educational resources

Gerne Feedback, Anregungen und vor allem Daten-Vorschläge - es ist eine reelle Chance Dampf auf das Thema kommunalen Open Datas zu geben.
(Keine Hemmungen, es geht hier nicht im technologische Glanzleistungen sondern um elaborierte und weniger detailierte Vorschläge)

Viele Grüße u Dank im Voraus.
Olli


Die Liste hochwertiger Datensätze als Anhang der EU Public Sector Information und Open Data Richtlinie

Mit der Novelle der Richtlinie 2019 wurde das Konzept der hochwertigen Datensätze eingeführt, deren Weiterverwendung mit erheblichen Vorteilen für Gesellschaft und Wirtschaft verbunden ist. Momentan wird bei der EU-Kommission die Liste für High Value Data erarbeitet. Die in der Liste hochwertiger Datensätze geführten Daten müssen laut PSI und OpenData-RL kostenlos, maschinenlesbar und über eine Programmierschnittstelle (API) verfügbar sein. In den folgenden sechs Kategorien sollen in den nächsten Jahren hochwertige Datensätze von der EU-Kommission mittels Durchführungsrechtsakte und Einbindung der EU-Mitgliedstaaten bestimmt werden:


  • Georaum
  • Erdbeobachtung und Umwelt
  • Meteorologie
  • Statistik
  • Unternehmen und Eigentümerschaft von Unternehmen
  • Mobilität

In den Erwägungsgründen der Richtlinie ist grob gelayoutet, welche Datensätze umfasst sein könnten. So könnten zB Datensätze wie


  • Postleitzahlen,
  • nationale und lokale Karten (Georaum),
  • Energieverbrauch und Satellitenbilder (Erdbeobachtung und Umwelt),
  • In-situ-Daten von Messinstrumenten und Wettervorhersagen (Meteorologie),
  • demografische und ökonomische Indikatoren (Statistiken),
  • Unternehmensregister und Registrierungskennungen (Unternehmen und Eigentümerschaft von Unternehmen),
  • Straßenverkehrszeichen und Binnenwasserstraßen (Mobilität)

als hochwertige Datensätze von der EU-Kommission bestimmt werden. Die EU-Kommission kann über delegierte Rechtsakte allerdings auch die Aufnahme neuer Kategorien veranlassen. Ferner soll auch die Bereitstellung dynamischer Daten gefördert werden. Es ist vorgesehen, dass öffentliche Stellen dynamische Daten unmittelbar nach der Erfassung durch geeignete APIs und gegebenenfalls als Massen-Download zur Weiterverwendung zugänglich machen. Die EU-Kommission zielt mit dieser Regelung insbesondere auf Umweltdaten, Verkehrsdaten, Satellitendaten, meteorologische Daten und von Sensoren generierte Daten ab.

Erweiterung des Anwendungsbereichs auf öffentliche Unternehmen
Bei der Novelle der Richtlinie wurde nun auch der Anwendungsbereich auf öffentliche Unternehmen (wie z.B. Verkehrs- u. Versorgungsunternemen) erweitert. So müssen nach der PSI und Open Data-RL nun auch öffentliche Unternehmen die Mindestvorschriften für die Weiterverwendung einhalten, wenn ihre Daten zur Weiterverwendung zur Verfügung gestellt werden oder über die Liste hochwertiger Datensätze erfasst sind.



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Sonntag, 3. November 2019

03.11.2019
Open Government "Back to the Future"

Liebe Freunde des Open Governments,

mich treibt schon länger die Überlegung herum, ob es nicht auch spannend wäre, (lokale) Prozesse aus der (jüngeren) Vergangenheit unter frisch aufzumachen und im Sinne einer Vergangenheitskultur und Learnings unter Open-Government-Aspekten (gemeinsame offene Informationsgrundlagen, Einsatz von Kollaborations-, Konsultations- und Priorisierungs-Tools) forensisch in Augenschein zu nehmen und exemplarisch deliberativ durchzudeklinieren.
Ich werde das morgen (4.11.) bei der Konferenz offene Archive in der ehemaligen Stasi-Zentrale als Session pitchen und in den diskursiven Raum der Archivszene stellen. Mehr Infos:
https://archive20.hypotheses.org/7566

Hat dazu jemand Meinung/Anregungen/Beispiele/Vorschläge oder ist gar dabei?

Außerdem wird dort morgen die Aktualisierung der Gemeinsame Normdatei auf Kulturdaten GND4C durch das Landesarchiv BW vorgestellt .

Grüße u vielen Dank im Voraus
OR



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